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Tagsüber schreinert er Küchen, abends arbeitet er für Afrika

Bannet Kenneth Zakeyu macht bei Stöcklin Möbel eine Ausbildung als Schreiner. In seiner Freizeit engagiert er sich für den Aufbau einer Klinik für eine der ärmsten Regionen Afrikas.

 

Ein sauberes Stöcklin-Shirt, eine dunkle Handwerker-Hose mit eingestecktem Stift und Metermass – Bannet Kenneth Zakeyu, 28 Jahre alt, sieht aus wie die meisten Schreiner, die in der Werkstatt von Stöcklin Möbel geschäftig werken. Dass er einmal hier arbeiten würde, hätte er vor fünf Jahren ganz und gar nicht gedacht. Damals lebte er in einem Dorf in Malawi, einer der ärmsten Regionen der Welt, mitten in Afrika. Er hatte ein Diplom als Ernährungsberater, betreute in der Praxis seines Vaters HIV- und Aids-Patienten, machte Tuberkulose-Screenings und Hausbesuche. Heute lebt er im basellandschaftlichen Gelterkinden, ist mitten in der Lehre als Schreinerpraktiker EBA. Der Vater von drei Kindern investiert in seiner Freizeit seine ganze Energie in ein Herzensprojekt: Er möchte eine neue, grössere Klinik in seinem Heimatdorf Lifuwu in Malawi aufbauen, zusammen mit der Organisation «Ingenieure ohne Grenzen». Das Dorf liegt rund 90 Kilometer von der Hauptstadt Lilongwe entfernt. In dieser ländlichen Region ist die medizinische Versorgung oft mehrere Stunden Fussmarsch entfernt und meist heillos überlastet.

 

Bannet Kenneth Zakeyu, wie kommt es, dass du heute bei Stöcklin Möbel als Schreiner arbeitest?

(Lacht) Das war ein langer Weg mit vielen Zufällen. Vor etwa sechs Jahren lernte ich meine Frau kennen. Sie war Pflegefachfrau und arbeitete als Freiwillige in der Klinik, in der auch mein Vater angestellt war – und sie kam aus der Schweiz. Wir verliebten uns und ich zog zu ihr in die Schweiz. Eine Anstellung im Bereich Ernährungsberatung war für mich nicht möglich, weil ich zu wenig gut Deutsch sprach. Der Vater meiner Frau war Schreiner und riet mir, doch einmal in einer Schreinerei zu schnuppern.

 

Also ein abrupter Berufswechsel?

Ja. Aber ein guter! Das Schnuppern gefiel mir sehr gut. Über Bekannte von Bekannten bekam ich den Tipp, mich bei Stöcklin Möbel zu bewerben. Hier absolviere ich nun bereits mein zweites und letztes Lehrjahr als Schreiner EBA – und ich fühle mich sehr wohl! Ich wurde gut aufgenommen im Team und mag meine Arbeit. Am liebsten arbeite ich in der Endmontage, wo die Möbel fertiggestellt werden. Ich bin stolz, dass ich hier eine Chance bekam und meinen Platz gefunden habe.

 

Allerdings ist es nicht deine einzige Arbeit …

Stimmt. Ich arbeite nach der Arbeit bei Stöcklin abends immer noch etwa zwei bis drei Stunden für mein Herzensprojekt: eine Klinik in Lifuwu, meinem Heimatdorf in Malawi.

 

Wie kam es dazu?

Ich hatte mir schon vor einigen Jahren mit meinem Ersparten ein Grundstück in Lifuwu gekauft. Eigentlich wollte ich dort einmal ein Haus bauen und mit meiner Familie leben. Aber es kam anders (lacht). An meinem 26. Geburtstag, dem 27. Januar 2020, entschied ich mich, das Grundstück anders zu nutzen – und darauf eine Klinik zu bauen.

 

Aus welchem Grund?

In Malawi ist die Gesundheitsversorgung sehr schlecht. Es gibt nicht in jedem Dorf einen Arzt und die Praxen, die wir haben, sind heillos überfüllt. Mein Vater ist Arzt in Lifuwu. Die Praxis, in der er arbeitet, ist sehr klein. Es gibt zu wenig Medikamente, Ausrüstung und Personal.

 

Wie hast du die Gesundheitsversorgung in Malawi persönlich erlebt?

Als Kind hatte ich praktisch jedes Jahr Malaria. Man fühlt sich elend, hat hohes Fieber, Kopfschmerzen und Sehprobleme. Wenn man die Krankheit nicht behandelt, können Menschen daran sterben. Ich bekam jeweils ein Medikament, das gespritzt wurde und so stark war, dass man ganz beduselt ist und der Körper während einer Stunde kribbelt wie verrückt. Auch Cholera – eine durch Bakterien ausgelöste Durchfallerkrankung – ist in Malawi verbreitet. Die Behandlung ist zwar recht einfach: Meist helfen Wasser- und Salzlösungen. Doch selbst das ist in Malawi nicht selbstverständlich.

 

Was passiert, wenn die Patienten nicht behandelt werden?

Das Problem ist vor allem die Zeit: Bei Säuglingen und älteren Menschen kann Flüssigkeits- und Salzverlust innert Stunden zu einem Kreislaufkollaps führen.

 

Kommt das oft vor?

Ja, leider ist das keine Seltenheit. Der Weg bis in die nächste Praxis ist meist weit, es gibt nur wenig Busse. Viele gehen zu Fuss. Und wenn man beim Arzt ankommt, muss man meist stundenlang anstehen. Es passiert immer wieder, dass Patienten in der Warteschlange sterben. Direkt vor dem Arzt! Das kann man sich hier gar nicht vorstellen.

 

Wie kann die Klinik in solchen Fällen helfen?

Die Kapazität der neuen Klinik wäre viel grösser als jene der jetzigen Praxis. Sie hätte mehr Räume, mehr Personal und mehr Medikamente.

 

Was sagte deine Familie zur Idee einer Klinik in Malawi?

Ich redete mit meiner Frau darüber. Sie fand die Idee grossartig und ist Mitbegründerin des Projektes. Natürlich redete ich auch mit meinem Vater und meinen Geschwistern, die in Malawi leben und das Vorhaben ebenfalls unterstützen. Einer meiner Brüder ist Projektmanager, der zweite macht die Ausbildung zum Arzt. Er soll einmal die Arbeit meines Vaters übernehmen – der ist eigentlich schon pensioniert, arbeitet aber immer noch, weil es in Malawi zu wenig Ärzte gibt.

 

Also ein reines Familienprojekt?

Zum Glück nicht! Ein Freund machte mich darauf aufmerksam, dass die Organisation «Ingenieure ohne Grenzen» mit uns zusammenarbeiten könnte. Ich durfte ihnen unsere Pläne präsentieren und sie haben das Projekt akzeptiert! Das hat vieles erleichtert.

 

Was zum Beispiel?

Das ganze Fundraising läuft über «Ingenieure ohne Grenzen». Ausserdem haben sich über die Organisation verschiedene Freiwillige gemeldet, die uns unterstützen. Eine Architektur-Studentin zum Beispiel und ein Architekt mit einem eigenen Büro. Für Finanzen und Webdesign haben wir ebenfalls Helfer. Auch meine beiden Brüder und mein Vater leisten sehr viel. Sie klären vor Ort alle rechtlichen Dinge ab, holen Bewilligungen ein und regeln die Formalitäten mit den Behörden. Ich koordiniere die Arbeit aller Beteiligten.

 

Du hast das Fundraising angesprochen. Wie viel Geld benötigt ihr für den Aufbau der Klinik?

Wir planen in Etappen. Bis Mitte 2023 möchten wir das finale Design des Gebäudes haben. Dazu brauchen wir rund 40 000 Franken. Ein Jahr später sollen die tragenden Strukturen fertig sein, dafür brauchen wir nochmals 40 000 Franken. Für den Innenausbau und die Ausstattung benötigen wir nochmals 20 000 Franken. Wenn alles nach Plan läuft, sollte die Klinik bis Ende 2025 stehen. Wir hoffen, dass wir das schaffen.

 

Ein sportliches Ziel! Wie soll sich die Klinik nach dem Aufbau des Gebäudes finanzieren?

Über Spenden. In Malawi ist die öffentliche Gesundheitsversorgung kostenlos. Die Leute haben schlicht kein Geld, um die Behandlungen zu bezahlen. Unser Projekt ist privat getragen. Wir gehen ebenfalls davon aus, dass die Leute nichts bezahlen – oder allenfalls einen symbolischen Beitrag. Denn wir möchten ja möglichst vielen Menschen Zugang zur medizinischen Versorgung gewähren. Dafür setzen wir uns ein!

 

Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

 

 

Malawi befindet sich im Südosten Afrikas und gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Besonders in ländlichen Gebieten ist die medizinische Versorgung schlecht und überlastet. Das Projekt «Zakeyu Medical Clinic» möchte zusammen mit der Organisation «Ingenieure ohne Grenzen» eine Klinik bauen, welche die medizinische Versorgung im Dorf Lifuwu und den umliegenden Regionen sicherstellt.

https://zakeyu-medical-clinic.org/